Es gibt den umstrittenen Plan, die Stadtautobahn A 100 von Treptow mitten durch Friedrichshain bis zur Storkower Straße im Prenzlauer Berg zu verlängern. Das wäre der 17. Bauabschnitt der A 100 – die teuerste Autobahn, die jemals in der Republik gebaut würde.

Was ist genau geplant? Welche Folgen hätte der Bau? In diesem FAQ versuche ich viele Fragen zur A 100 zu beantworten.

Wie ist die Streckenführung durch Friedrichshain und Lichtenberg?

Der 17. Bauabschnitt würde – so der bisher noch recht grobe Plan – vom Treptower Park zunächst mit einer Brücke über die Spree geführt. Danach geht es entlang der Ringbahngleise bis kurz vor das Ostkreuz. Dort soll es eine Ausfahrt geben und die Trasse in einem Doppelstocktunnel unter dem Ostkreuz und unter der Neuen Bahnhofstraße durchgeführt werden.

Im Kreuzungsbereich Gürtelstraße/Wiesenweg verschwenkt die Trasse unter die Ringbahn und weiter zwischen Kietzer Weg und Wartenbergstraße. Sie taucht bei der Unterquerung der Bahntrasse zum Bahnhof Lichtenberg wieder an die Oberfläche. Die Haupttrasse steigt nach Querung der Bahn auf die Höhe der Bahnanlagen an und führt zwischen der Ringbahn und Wilhelm-Guddorf-Straße über die Gürtelstraße, immer östlich an der Ringbahn weiter über die Frankfurter Allee. Die von der Hauptfahrbahn getrennten äußeren Fahrstreifen werden zu Auf- und Abfahrstreifen und um je einen Fahrstreifen ergänzt. Die Auf und Abfahrtsstreifen sollen dann unter die Hauptfahrbahn geführt werden und als Halbanschluss an die Gürtelstraße anbinden. Nach der Frankfurter Allee geht´s weiter direkt entlang der Ringbahn und unmittelbar entlang des Ringcenters , vorbei an der Deutschmeisterstraße und am Stadtpark Lichtenberg bis zur Storkower Straße. Dort endet die Autobahn A 100 dann abrupt und alle PKW/LKW werden dort auf Höhe der Rudolf-Seiffert-Straße in die Stadt- und Wohnstraßen geleitet. Insgesamt hat der 17. Bauabschnitt eine Länge von ca. 4,1 Kilometern.

Wie hoch sind die Kosten?

1999 wurden die Kosten für den 17. Bauabschnitt (der damals nur bis zur Frankfurter Allee gehen sollte) auf 286,3 Millionen Euro geschätzt. Eine aktualisierte Kostenschätzung im Zuge der Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan 2015 kommt auf 531,2 Millionen Euro. Der Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin verweist auf das Projekt Stuttgart 21 der Deutschen Bahn. Dort hätten sich die Kosten im Vergleich zur ersten Schätzung ungefähr verzehnfacht. Inzwischen rechnen Verkehrsexpert*innen mit mindestens einer Milliarde Euro. Das wären über 240 Millionen Euro pro Kilometer und das mit Abstand teuerste Straßenprojekt, das es jemals in Deutschland gegeben hat.

Welche Schwierigkeiten wird es beim Bau geben?

Die geplante Strecke führt rund ums Ostkreuz durch einen der am Dichtesten besiedelten Bereiche von Berlin. Es müssen etliche Gebäude für den Bau abgerissen werden. Außerdem ist der Bau mit den Brücken über die Spree und die Ringbahn und dem Tunnel unter dem Ostkreuz eher kompliziert.

Welche Straße wäre besonders betroffen?

Die Neue Bahnhofstraße würde in der Bauphase besonders stark betroffen sein, da die Trasse in einem Tunnel mit zwei Etagen unter der Straße durchführen soll. Der Wiesenweg und der Bereich im Bahndreieck (Ringbahn – Abzweige nach Lichtenberg) würden gänzlich der Baustelle weichen müssen. Würde die obere Decke des Tunnels (wie unterm Ostkreuz geschehen) oberirdisch angelegt, müsste die Straße in voller Breite und für den kompletten Zeitraum der Maßnahme abgetragen werden und Metertief ausgebaggert werden. Wie die Bewohner*innen in der Zeit in die Wohnungen kommen und wie eine Gefahr durch den riesigen Schacht ausgeschlossen werden können, ist bisher völlig unklar.

Wie werden die Flächen für die A 100 bisher genutzt?

Zwar ist ein Teil der Trasse bereits freigehalten, allerdings befinden sich auch zahlreiche Gebäude auf der Trasse oder den Flächen, die in der Bauphase für die Baustellen eingeplant sind. Einige Bereiche werden bis heute zum Wohnen, für Gewerbe und Kultur genutzt. Sollte die Autobahn verlängert werden, müssen Bewohner*innen und Gewerbebetriebe umziehen. Für viele dürfte es schwierig sein, hier geeignete Möglichkeiten in der Nähe zu finden. Das zerstört gewachsene Strukturen und vernichtet Freiräume.

Wie könnten A 100-Flächen besser genutzt werden?

Gerade in der recht zentralen Lage gibt es einen Mangel an Flächen für den sozialen Mietwohnungsbau, Grün-, Bildungs- und Sportflächen sowie für kulturelle Nutzung. Diese Nutzungen hätten viele Vorteile für große Bevölkerungsgruppen, die weit über den kleinen Anteil der Haushalte mit PKW in Berlin hingehen. Für die Nutzung des bald fertigen 16. Bauabschnitts hat die unabhängige und gemeinnützige Initiative paper planes e.V. eine Konzeptstudie für eine Stadtfarm entwickelt.

Wer würde vom Autobahnlärm betroffen sein?

Zehntausende Berliner*innen würden vom Lärm rasender Fahrzeuge betroffen sein. Insbesondere Anwohner*innen und Personen, die in der Nähe der Trasse arbeiten oder ihre Freizeit (etwa im Treptower Park oder im Stadtpark Lichtenberg) verbringen.

In Friedrichshain liegen folgende Straßen in unmittelbarer Nähe der oberirdischen Autobahn: Alt-Stralau, Dora-Benjamin-Park, Markgrafendamm (mit den Querstraßen Stralauer Allee, Corinthstraße, Persiusstraße und Laskerstraße) Neue Bahnhofstraße und die Gürtelstraße (mit den Querstraßen Weserstraße, Oderstraße und Dosselstraße).

In Lichtenberg (oder auf Lichtenberger Seite der Ringbahn, deren Flächen offiziell teilweise noch zu Friedrichshain und Prenzlauer Berg gehören) sind besonders betroffen: Wartenbergstraße, Wilhelm-Guddorf-Straße, Gürtelstraße, Frankfurter Allee, Möllendorffstraße, Deutschmeisterstraße, Scheffelstraße (mit der Querstraße Paul-Junius-Straße) und die Storkower Straße (mit der Querstraße Rudolf-Seiffert-Straße).

Wie schädigt die Autobahn die Gesundheit?

Neben Lärm sind die Gebiete um die Autobahn zusätzlich verstärkt von giftigen Abgasen (wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Schwefeldioxid) und Rußpartikeln betroffen. Dabei gehört die Frankfurter Allee bereits heute deutschlandweit zu den Straßen mit der höchsten Luftbelastung.

Welche zusätzlichen Verkehrsprobleme könnten entstehen?

Da an der Frankfurter Allee kein Vollanschluss möglich (verkehrlich und städtebaulich) ist, ist nach bisheriger Planung ein Halbanschluss (nur von und nach Ostkreuz) zur Gürtelstraße vorgesehen (siehe Trassenbeschreibung). Welchen Um- und Ausbaubedarf der Gürtelstraße zur Frankfurter Allee das bedeutet wissen nur die „Autobahngötter“. Zumal dort auch eine Straßenbahn verkehrt.

Schon die Planung des 16. Bauabschnitt hat deutlich gemacht, dass die Autobahn keine Verkehrsverlagerung aus den Wohnstraßen im Umfeld zur Folge hat, sondern durch den Mehrverkehr zu und von den Anschlussstellen der Schleichverkehr zunehmen wird.

Auch die große Erzählung, die Autobahn würde den Verkehr um die Innenstadt leiten ist nicht haltbar. In einer Verkehrsuntersuchung für den 17. Bauabschnitt aus dem Jahr 2014 geht hervor, das die Autobahn nicht einmal um jedes 5. Auto abfängt und weiterhin über 52.000 Kfz am Tag die Allee Richtung Zentrum nutzen werden.

Welche weiteren Umweltschäden wären zu erwarten?

In Zeiten einer weltweiten Klimakrise ist der Bau einer Autobahn in einem dichtbesiedelten urbanen Raum die denkbar schlechteste Entscheidung. Mehr Straßen würden immer auch mehr Verkehr bedeuten und damit mehr Treibhausgase. Zudem würden durch den Autobahnausbau allein zwischen Ostkreuz und Frankfurter Allee rund 200.000 Quadratmeter Fläche versiegelt werden. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kann diese Fläche sehr gut für Grünflächen gebrauchen, da er bisher unterdurchschnittlich mit Klimaausgleichsflächen versorgt ist. Oder eben für sozialen Mietwohnungsbau, Bildungs- und Sportflächen sowie für kulturelle Nutzung.

Wer ist gegen die Autobahn?

Ich halte die geplante Verlängerung der A 100 für verkehrspolitischen Unsinn und klimapolitischen Wahnsinn. Seit vielen Jahren kämpfen die Bündnisgrünen auf allen Ebenen gegen die Verlängerung der Autobahn. Beim 16. Bauabschnitt beteiligte sich das grün-geführte Bezirksamt an einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Autobahnpläne. Die Grünen auf Landesebene hatten erfolgreich in den Koalitionsvertrag mit SPD und Linken verhandelt, dass „Planung und Bau des 17. Bauabschnitts der A 100 wird in der neuen Legislaturperiode durch die letzte Landesregierung nicht weiter vorangetrieben“ werden. (CDU und SPD haben den Bau in ihrem Koalitionsvertrag nun explizit nicht ausgeschlossen.) Die Grünen im Bund haben in den Koalitionsvertrag mit SPD und FDP festgeschrieben, dass der Bundesverkehrswegeplan (in den der 17. Bauabschnitt steht) im Konsens überarbeitet wird und bis dahin keine Fakten geschaffen werden. Auch Linkspartei und viele Umwelt- und Verkehrsinitiativen engagieren sich gegen die Verlängerung. Die Berliner SPD hat sich auf ihrem Parteitag im Juni 2022 klar gegen den 17. Bauabschnitt der A100 ausgesprochen, allerdings führte das bis heute nicht dazu, dass die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Antragsentwürfen von Bündnisgrünen oder Linken gegen den 17. Bauabschnitt zugestimmt haben. CDU und FDP in Berlin fordern aktiv eine Verlängerung.

Wie kann ich mich gegen die A 100 engagieren?

Die Bürgerinitiative A 100 setzt sich für die menschen- und klimagerechte Mobilitätswende ein und will den Weiterbau der Stadtautobahn A100 verhindern. Die Initiative ist parteipolitisch unabhängig und für Mitarbeit offen. Aber auch bei mir im Kreisverband oder in der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität ist das Thema regelmäßig auf der Tagesordnung.

Welcher Bauabschnitt der A 100 wird aktuell gebaut?

Aktuell wird der sogenannte 16. Bauabschnitt von Neukölln bis zum Treptower Park fertig gestellt. Auch er war sehr umstritten, wurde allerdings in Berlin von SPD und Linken in der rot-roten Koalition (2002-2011) und von SPD und CDU in der „großen“ Koalition (2011-16) geplant und durchgesetzt.

Karte: Wikipedia/Alexrk2/CC BY-SA 3.0